Einsatz des Vermögens für den Elternunterhalt?

Grundsätzlich müssen Kinder – falls nötig – auch einen Teil ihres Vermögens für den Elternunterhalt einsetzen. Die Grenze bildet hier das Schonvermögen. Was zum Schonvermögen zählt und was nicht – darüber wird häufig gestritten. In der folgenden systematischen Übersicht sehen Sie die entscheidenden Fragestellungen und Fundstellen.

Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten: Vermögenseinsatz

Grundsätzlich sind die erwachsenen Kinder auch gehalten, in wirtschaftlich vertretbarer Weise ihr Vermögen zur Deckung des Unterhaltsbedarfs ihrer Eltern einzusetzen (vgl. schon BGH, FamRZ 2002, 1698, 1702 m. Anm. Klinkhammer; OLG Köln, FamRZ 2003, 470; OLG Köln, FamRZ 2003, 471).

Das gilt auch für Grundbesitz, aus dem kein Einkommen erzielt wird (AG Ansbach, FamRZ 1997, 766, 767). Aber auch hier gilt im Rahmen des § 1603 Abs. 1 BGB der Grundsatz, dass der Unterhaltsschuldner solange nicht leistungsfähig ist, wie er nicht seine eigene Altersversorgung angemessen gesichert weiß.

 

Unterhaltszahlungen dürfen für den Schuldner nicht zu einer unverhältnismäßigen, d.h. seine eigene Existenz bedrohenden Belastung werden (vgl. BVerfG, FamRZ 2001, 1685, 1686).

Vom Grundsatz her ist dabei auch der Vermögensstamm einzusetzen, allerdings nur, soweit dadurch weder der eigene angemessene Unterhalt noch eine angemessene Altersvorsorge gefährdet ist (BGH, FamRZ 2004, 1184; BGH, FamRZ 2006, 1511).

Hat der Unterhaltspflichtige bereits selbst die Regelaltersgrenze erreicht, kann sein verwertbares Vermögen in der Weise für den Elternunterhalt eingesetzt werden, als dieses in eine an der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientierte Monatsrente umgerechnet und dessen Leistungsfähigkeit aufgrund des so ermittelten (Gesamt-)Einkommens nach den für den Einkommenseinsatz geltenden Grundsätzen bemessen wird (BGH, Urt. v. 21.11.2012 – XII ZR 150/10, FamRZ 2013, 203).

Schonvermögen

Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH ist für die Höhe des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Schonvermögens ebenfalls auf die individuellen Verhältnisse abzustellen. Die frühere Rechtsprechung, nach der das Schonvermögen mit rund 79.000 € anzusetzen sein sollte (so OLG Koblenz, FamRZ 2000, 1176; OLG Köln, FamRZ 2003, 470) dürfte überholt sein, kann aber als Anhaltspunkt bei der Billigkeitsabwägung dienen.

Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige bereits selbst die Regelaltersgrenze erreicht hat, hat der BGH wie oben dargestellt auf die Lebenserwartung verwiesen und eine Umrechnung vorgenommen.

Sofern der Unterhaltspflichtige noch erwerbstätig ist, also noch nicht selbst Altersvorsorge bezieht, muss Vermögen in einer Höhe, wie sie sich aus der Anlage von 5 % des Jahresbruttoeinkommens ergibt, regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt werden.

Außerdem bleibt in allen Fällen der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt, ist also immer zusätzliches Schonvermögen (BGH, Urt. v. 07.08.2013 – XII ZB 269/12, FamRZ 2013, 1554).

Einsatz einer Lebensversicherung?

Ob zur Deckung des Bedarfs der Eltern auch eine Lebensversicherung des Kindes eingesetzt, d.h. gekündigt werden muss, ist insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 07.06.2005 (FamRZ 2005, 1051) und der o.g. BGH-Entscheidungen zu bezweifeln.

Hier muss dem Versorgungsziel des in Anspruch genommenen Kindes absoluter Vorrang eingeräumt werden (a.A. AG Höxter, FamRZ 1996, 752, 753 m. abl. Anm. Zieroth, 753; vgl. auch Meyer, FamRZ 1997, 225 ff.). Lebensversicherungen in angemessener Höhe brauchen für den Unterhaltszweck nicht eingesetzt zu werden.

Der ihnen innewohnende Versorgungsgedanke ist vorrangig, insbesondere wenn man an die heutige Rentensituation (Riester-Rente) denkt. Da die gesetzliche Rente keine ausreichende Altersversorgung mehr darstellt, wird man die Lebensversicherungen im üblichen Umfang freistellen müssen (vgl. BGH, FamRZ 2003, 1179, 1180 m. Anm. Klinkhammer; BGH, FamRZ 2003, 860, 863 m. Anm. Klinkhammer = FF 2003, 136 m. Anm. Born, BGHReport 2003, 737 ff.; AG Detmold, FamRZ 2003, 472).

Das gilt umso mehr, als es auch dem abhängig Tätigen neben der gesetzlichen Alterssicherung zugebilligt wird, eine zusätzlich Altersvorsorge i.H.v. etwa 5 % seines Bruttoeinkommens zu betreiben (BGH, FamRZ 2004, 792 m. Anm. Borth = NJW-RR 2004, 793 m. Anm. Peschel-Gutzeit, LMK 2004, 2007; BGH, FamRZ 2006, 1511).

Auch hier wird auf die oben dargestellten Entscheidungen des BGH vom 21.11.2012 (XII ZR 150/10, FamRZ 2013, 203) und vom 07.08.2013 (XII ZB 269/12, FamRZ 2013, 1554) verwiesen.

Steuervorteile

Der zu Elternunterhaltszahlungen Verpflichtete muss sich keine Steuervorteile auf den Ehegatten, also durch das Realsplitting erlangte Vorteile, anrechnen lassen (BGH, FamRZ 2004, 443, 445 m. Anm. Schürmann = ZFE 2004, 118 m. Anm. Mleczko – Vorinstanz: OLG Hamm, FamRZ 2002, 693).

Es sind nur eigene Einkünfte zu versteuern, die ggf. auch einer fiktiven Versteuerung unterliegen. Allerdings relativiert sich dies evtl. über den Familienunterhalt.

Wohnvorteil

Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsverpflichteten wird auch im Rahmen des Elternunterhalts durch sonstige wirtschaftliche Nutzungen bestimmt.

Dazu können z.B. auch Gebrauchsvorteile eines Eigenheims zählen, denn durch das Bewohnen eines Hauses oder einer Eigentumswohnung entfällt die Notwendigkeit der Mietzahlung. Der Wohnvorteil ist auch beim Elternunterhalt grundsätzlich nach dem tatsächlichen objektiven Mietwert des Eigenheims zu berechnen.

Allerdings kann es auch angezeigt sein, nur den subjektiven Mietwert anzusetzen, etwa dann, wenn das unterhaltspflichtige Kind mit seinem Ehegatten eine kleine Eigentumswohnung bewohnt (BGH, FamRZ 2010, 1535).

Immer dann, wenn die Verwertung des Wohneigentums nicht möglich oder zumutbar ist (Schutz der Ehewohnung), kann nur der subjektive Wohnwert angesetzt werden (BGH v. 28.07.2010 – XII ZR 140/07, FamRZ 2010, 1535). Allerdings ist der Wohnvorteil nicht nur um die Zinsen, sondern auch um den Tilgungsanteil zu verkürzen (BGH, FamRZ 2004, 1184 = BGHReport 2004, 1224 m. Anm. Born).

Auch Einsparungen, die z.B. aufgrund des Zusammenwirtschaftens mit einem Partner in einer Lebensgemeinschaft entstehen, sind unterhaltsrechtlich beachtlich.

Die hierdurch eintretenden Ersparnisse sind dadurch zu berücksichtigen, dass der Selbstbehalt niedriger angesetzt werden kann als bei einem alleinlebenden Unterhaltspflichtigen. Zum Synergieeffekt beim Zusammenleben mit dem Ehegatten siehe BGH v. 28.07.2010 (XII ZR 140/07, FamRZ 2010, 1535).

Lesen Sie hier auch: Leistungsfähigkeit beim Elternunterhalt. Teil 1: Einkommen und Selbstbehalt.

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