3 von 4 FamR-Gutachten sind mangelhaft – Neues Sachverständigenrecht verspricht Besserungen

Haben Sie als Anwalt im Familienrecht auch schon mal über ein Sachverständigen-Gutachten geschimpft? Das soll Ihnen in Zukunft erspart bleiben, denn die Regierung will die Qualität und Neutralität der Gutachten verbessern. Eine Reform des Sachverständigenrechts ist bereits auf dem Weg.

Reform des Sachverständigenrechts: Folgende Änderungen erwarten Sie

Als familienrechtlich tätiger Anwalt kennen Sie die Gutachten-Problematik nur zu gut:

  • Einerseits sind Gutachten im Familienrecht häufig notwendig – vor allem bei Kindschaftssachen.
  • Andererseits sind die meisten Gutachten aber schlichtweg mangelhaft.

Die IB-Hochschule in Berlin ist in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass 3 von 4 Gutachten so schlecht sind, dass sie als Grundlage für eine Beurteilung nicht herangezogen werden dürften. Und dennoch führen solche Gutachten dazu, dass beispielsweise Familien in Sorgerechtsfällen auseinandergerissen werden.

 

Neues Gesetz soll Qualität und Neutralität der Sachverständigen-Gutachten verbessern

Nun soll ein neues Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts für die dringend benötigten Verbesserungen sorgen. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

1. Parteienbeteiligung vor Ernennung eines Sachverständigen

Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts sieht vor, die Parteien bei der Auswahl des Sachverständigen stärker zu beteiligen. Die Parteien bzw. Beteiligten sind nun vor der Ernennung eines Sachverständigen anzuhören.

Konkret bedeutet das: Als Anwalt bekommen Sie künftig einen besseren Anknüpfungspunkt, um etwaige Zweifel an der Neutralität oder Qualifikation des Sachverständigen vor der Ernennung darzulegen.

2. Weitere Klärung der Neutralität des Sachverständigen

Auch der Sachverständige selber wird sich erklären müssen. Er oder sie hat demnächst unverzüglich zu prüfen, ob Gründe vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, und diese dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.

3. Förderung der Qualität von Gutachten im Kindschaftsrecht

Die Qualitätsanforderungen für Sachverständige sind gerade bei Kindschaftssachen schon lange in der Diskussion. Nun sollen diese endlich gesetzlich vorgegeben werden. Die Berufsverbände sollen parallel dazu und entsprechend der Koalitionsvereinbarung Mindestanforderungen an die Qualität von Gutachten im Kindschaftsrecht entwickeln.

§ 163 Absatz 1 FamFG wird künftig wie folgt gefasst:

„(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 1 bis 3 ist das Gutachten durch einen geeigneten Sachverständigen zu erstatten, der mindestens über eine psychologische, psychotherapeutische, kinder- und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation verfügen soll.“

4. Verbindliche Fristen für Sachverständige

Auch zur Verfahrensbeschleunigung soll die Reform des Sachverständigenrechts beitragen. Hierzu hat das Gericht dem Sachverständigen eine Frist zur Übermittlung des Gutachtens zu setzen. Wird die Frist nicht eingehalten, soll gegen den Gutachter künftig ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, das bis zu 5.000 Euro betragen kann.

Außerdem kann das Gericht eine schriftliche Ergänzung und Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen anordnen.

Reform des Sachverständigenrechts: Der Gesetzentwurf im Volltext

Soweit zu den wichtigsten Neuerungen im Sachverständigenrecht. Wer sich den gesamten Gesetzentwurf zur Änderung des Sachverständigenrechts anschauen möchte, kann dies mit einem Klick auf diesen Link tun.

Zum weiteren Gesetzgebungsverfahren: Das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts wurde bereits überwiesen und befindet sich zur Zeit vor der 2. und 3. Lesung. Es ist nicht zustimmungsbedürftig, so dass ein zügiges Gesetzgebungsverfahren zu erwarten ist.

8 Kommentare zu “3 von 4 FamR-Gutachten sind mangelhaft – Neues Sachverständigenrecht verspricht Besserungen

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,

    die bisherige Gutachten sind mehr als mangelhaft!Zu Fragen stehe ich gerne zu Verfügung!
    Mfg Frau Doerfer

    • sehe es ebenso – gutachten sind meist überflüssig und werden dann kritiklos hingenommen und nicht hinterfragt. ein gutachten sollte nur erstellt werden wenn nachweislich eine kindeswohlgefährdung besteht. die nun vorgesehen Regelung führt nur das gutachten noch weniger Kritik ausgesetzt sind weil nun ja auch die parteien bei der Wahl des Gutachters mitbestimmen können. eine spätere Kritik an fehlerhaften bzw. fragwürdigen gutachten wird dann noch schwerer werden. hier ist keine wirkliche Verbesserung gegeben.

  2. Auch wenn ich persönlich die Quelle der Studie und ergo die Ergebnisse als fragwürdig erachte, so nicht die Tatsache, dass eine stärkere Qualitätssicherung durch die Formulierung von Mindeststandards erfolgen sollte, wie jüngst geschehen von diversen Berufsverbänden, nämlich der Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten, die auf der Seite des BDP abrufbar ist, oder hier:
    http://www.bptk.de/uploads/media/20151006_Mindestanforderungen-20150930.pdf

  3. Wenn der Entwurf wie vorgelegt verabschiedet wird, dann wird sich an der Qualität der Gutachten vormutlich rein gar nichts ändern. Die Anforderungen sind derart niedrig angesetzt, dass sie schon heute von fast allen „Sachverständigen“ erfüllt werden.

    Daher besteht in dieser Frage dringender Nachbesserungsbedarf, wenn man es ernst meint. Ansonsten ist diese Gesetzesänderung lediglich ein Feigenblatt nach dem Motto „wir haben ja was getan“. Dann wäre für die nächsten 20 Jahre aber vermutlich wieder keine Gesetzesänderung zu erwarten da man ja erst mal prüfen muss wie sich das neue Gesetz bewährt. Daher: es jetzt richtig machen und nicht an diesem wachsweichen Entwurf festhalten.

  4. Hallo, unsere Gutachterin hat ein Gutachten von 84 Seiten verfasst. In diesem geht es hauptsächlich, um sehr alte Sachen aus der früheren Beziehung, jedoch so geschildert wie sie gar nicht waren, die sowohl räumlich als auch zeitlich. Es beginnt bereits damit dass mein Geburtsort fehlerhaft aufgeführt wurde, dies zeigt mir, dass diese Gutachterin ungenau gearbeitet hat. Auch in den Ausführungen des Vaters hätte ihr auffallen müssen, dass einiges nicht zusammenpasst. Wenn ich ihr sage, dass ich den Vater rausgeworfen habe, als das Kind neun Monate alt war und der Vater dann behauptet dass wir vor acht Jahren noch zusammen gewohnt haben ( Kind ist 11 Jahre alt) muss man an dieser Stelle vielleicht überlegen und weiter nachhaken. Dies ist nicht geschehen, selbst negative Aussagen vom Kind bezüglich, es habe Angst vor dem Vater, er schreit etc. wurden mit dem Loyalitätprinzip abgegolten. Leider können wir uns auf Niemanden verlassen nicht mal auf die Jugendamtmitarbeiter. Mein Sohn kennt seinen Vater kaum erst in den letzten zwei Jahren gab es Kontakte in den Ferien. Nach dem ersten Kontakt äußerte er, dass er sich ekelt mit dem Vater in einem Bett zu schlafen. Als ich das mit der Jugendamtmitarbeiterin besprochen habe, teilte mir diese mit: Frau S. Ihr Sohn fährt doch nur in den Urlaub da braucht er kein eigenes Bett. (2Zeugen anwesend) Vor zwei Wochen war die Verhandlung angesetzt. Wir konnten nicht daran teilnehmen, mein Sohn war krank und reiseunfähig. Jetzt hat meinen Sohn einen erneuten Anhörungstermin erhalten, ich jedoch nicht, weil ich hätte ja erscheinen müssen. Bitte, welche Mutter lässt ihr krankes Kind allein zu Hause zurück und dies bei einer an und Abreisezeit von ca 13 Stunden? Wer eine Idee hat, an wen ich mich wenden kann um diese Ungerechtigkeiten zu melden und überprüfen zu lassen, der schreibe mir doch bitte! Ebenso habe ich Interesse an einem Petitionsverfahren, bezüglich einer Verbesserung für Gutachten.

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