FamFG: Beschwerde in Verfahrenskostenhilfe-Verfahren (VKH)

Bereits nach dem bis zur Einführung des FamFG geltenden Verfahrensrecht war die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens in Familiensachen bei Inanspruchnahme staatlicher Kostenhilfe (PKH/VKH) nicht in jeder Hinsicht völlig unproblematisch:

  • Die Einlegung der Berufung ist als Prozesshandlung grundsätzlich bedingungsfeindlich. Zu Recht wir daher die Einlegung einer Berufung unter der Bedingung, dass hierfür PKH/VKH gewährt wird, als unzulässig betrachtet.
  • Zumindest problematisch ist es seit der BGH Entscheidung vom 06.05.2008 (VI ZB 16/07), zunächst Berufung einzulegen, ihre Durchführung jedoch von der Gewährung von PKH/VKH abhängig zu machen.
  • In der Praxis häufig angewandt wurde schließlich die Möglichkeit, für eine zunächst nur beabsichtigte Berufung einen Antrag auf Gewährung von PKH/VKH und nach deren Bewilligung (zusätzlich!) einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen.

 

Diese Möglichkeiten bestehen auch nach Inkrafttreten des FamFG grundsätzlich fort. Dabei ist jedoch die Handhabung der zuletzt erwähnten Variante namentlich in Ehe- und Familienstreitsachen ein wenig komplizierter geworden.

In Ehe und Familienstreitsachen gelten die allgemeinen Vorschriften der ZPO (§§ 1 – 252 ZPO) und die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten (§§ 253 – 494a ZPO) entsprechend, § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG.

Antrag auf Verfahrenskostenhilfe (VKH)
Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist der VKH-Antrag beim Prozessgericht zu stellen. Prozessgericht ist dasjenige Gericht, bei dem das Verfahren schwebt oder anhängig gemacht werden soll (vgl. § 119 Abs. 1 ZPO). Daraus ergibt sich, dass der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde – innerhalb der Rechtsmittelfrist und vollständig, d.h. mit formgerechter Erklärung nebst allen erforderlichen Belegen — beim zuständigen Rechtsmittelgericht einzureichen ist. Nicht etwa ist der VKH – Antrag mit Rücksicht auf § 64 Abs. 1 FamFG beim Amtsgericht einzureichen!

Wiedereinsetzungsfrist
Mit Zugang der VKH-Entscheidung des Rechtsmittelgerichts beginnt die 2-Wochen-Frist für den Wiedereinsetzungsantrag nach § 234 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zu laufen. Ebenso wie der VKH-Antrag ist das Wiedereinsetzungsgesuch an das Beschwerdegericht zu richten, das nach § 237 ZPO zur Entscheidung über die Einsetzung berufen ist.

Wiedereinsetzungsantrag
Darüber hinaus ist ebenfalls innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist auch die versäumte Verfahrenshandlung nachzuholen, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO, d.h. innerhalb von zwei Wochen muss auch die Beschwerde eingelegt werden. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde läuft bereits ab der Bewilligung der VKH, nicht etwa erst ab Bewilligung der Wiedereinsetzung. Im Gegensatz zu VKH-Gesuch und Wiedereinsetzungsantrag ist die Beschwerde nun allerdings beim erstinstanzlichen Gericht einzureichen, § 64 Abs. 1 FamFG!

Damit nicht genug:

Beschwerdebegründung
Zusätzlich ist regelmäßig auch die Beschwerdebegründung nachzuholen, deren Frist bei Entscheidung über den VKH-Antrag zumeist abgelaufen sein wird. Auch hierfür ist Wiedereinsetzung zu beantragen; die Frist beträgt allerdings nicht zwei Wochen, sondern einen Monat, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 134 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Ihr Lauf beginnt erst mit Zustellung des Beschlusses zu laufen, durch den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt worden ist. Beschwerdebegründung und zugehöriger Wiedereinsetzungsantrag sind nun allerdings gem. § 117 Abs. 1 Satz 2 FamFG wiederum beim Beschwerdegericht einzureichen!

Zur Vermeidung von Haftungsfällen ist nach alledem dringend zu empfehlen, die bisher in langjähriger Praxis erprobten Textbausteine einer eingehenden Kontrolle und ggf. Korrektur zu unterziehen!

Beitrag von Rechtsanwalt Michael Nickel, FAFamR, Hagen

Ein Kommentar zu “FamFG: Beschwerde in Verfahrenskostenhilfe-Verfahren (VKH)

  1. Sie sollten den Artikel aus dem Internet nehmen. Mit Wirkung zum 01.01.2013 gibt es den § 64 (1) S.2 FamFG: VKH-Anträge sind beim AG einzulegen!

    Hlemut Maciej, RA München

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