Reformen im Familienrecht: Neue Verfahrenswerte nach dem FamGKG

Im vorangegangen Beitrag von Dr. Christian Grabow haben Sie erfahren, welcher Systematik die Kostenvorschriften des FamFG folgen. Schwierig ist die neue Rechtslage vor allem deshalb, weil Sie neben den nun geltenden Vorschriften des FamFG auch noch zahlreiche Kostenvorschriften der ZPO beachten und in Altverfahren das bisher geltende Recht anwenden müssen.

Damit nicht genug. Zeitgleich mit dem FamFG ist auch das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) in Kraft getreten. Das FamGKG enthält die nunmehr einheitlich für alle Familiensachen anwendbaren Verfahrenswerte.

Die Kenntnis der neuen Verfahrenswerte nach dem FamGKG ist für Ihre anwaltliche Tätigkeit unabdingbar. Schließlich steht und fällt Ihr Mandat letztendlich mit einer korrekten Gebührenabrechnung. Dabei erlaubt die neue Unbilligkeitskontrolle der neuen Wertvorschriften beispielsweise angemessene Verfahrenswerte für äußerst umfangreiche Tätigkeiten zu finden.

Verschaffen Sie sich deshalb mit dem vorliegenden zweiten Teil der Themenserie zu den Änderungen im Familienrecht einen Überblick über die Systematik und den Anwendungsbereich des neuen FamGKG. Besondere Berücksichtigung findet die Regelung von Ehe- und Lebenspartnerschaftssachen in § 43 FamGKG.

Neue Verfahrenswerte nach dem FamGKG

von Rechtsanwalt Dr. Christian Grabow,
aus dem Vortrag zur Fachkonferenz Familienrecht 2009

Das am 01.09.2009 in Kraft getretene FamGKG gilt gemäß § 1 in Familiensachen einschließlich der Vollstreckung durch das Familiengericht und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Damit entfällt grundsätzlich der Verweis auf die Kostenordnung (KostO). Eine Ausnahme hiervon enthält § 46 Abs. 1 FamGKG, der auf Bestimmungen der KostO Bezug nimmt.

Auf das GKG kann in Familiensachen künftig nicht mehr zurückgegriffen werden. Die Systematik des FamGKG lehnt sich jedoch an die des GKG an. Auch das FamGKG enthält ein Kostenverzeichnis mit Gerichtsgebühren in den jeweiligen Instanzen und eine Gebührentabelle, die Verfahrenswerte zwischen 300 € und 500.000 € umfasst. Anknüpfend an den Verfahrenswert ist die Höhe der Gerichtsgebühren § 28 FamGKG zu entnehmen. Er verweist auf die Gebührentabelle, die dem Gesetz als Anlage 2 angefügt ist.

Das System der Wertgebühren bleibt bestehen. Im Gesetzgebungsverfahren wurde in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass dadurch Änderungen im RVG weitgehend vermieden werden konnten.

Die neue und eigenständige Regelung der einstweiligen Anordnungen im FamFG führt im FamGKG dazu, dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine separate Regelung in § 41 FamGKG zu widmen.

Im System des FamGKG enthalten die §§ 33–41 allgemeine Wertvorschriften. Daran schließen sich besondere Bestimmungen in den §§ 42–52 zu Verfahrenswerten an.

Ist der Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung, bestimmt sie gemäß § 35 FamGKG auch den Verfahrenswert, soweit nicht besondere Vorschriften anwendbar sind, wie z.B. § 51 FamGKG.

Ergeben sich aus den Spezialregelungen keine genauen Anhaltspunkte für eine Wertbestimmung regelt § 42 Abs. 3 FamGKG einen Auffangwert von 3.000 €. Dieser gilt sowohl für vermögensrechtliche als auch für nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten. Das Gesetz übernimmt damit zwar im Ergebnis den Wert aus § 30 KostO. Eine größere Bedeutung als bisher kommt bei der Bestimmung des Verfahrenswerts jedoch der Ermessenentscheidung zu. In § 42 FamGKG ergibt sich dies aus den Absätzen 2 und 3. Darüber hinaus enthalten die besonderen Wertvorschriften an verschiedenen Stellen die Befugnis des Gerichts, den Verfahrenswert unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalls zu bestimmen.

Darin kommt das gesetzgeberische Anliegen zum Ausdruck, dem Gericht einen breiten Ermessensspielraum einzuräumen. Die den Einzelfall prägenden Einflüsse und Umstände sollen auf diese Weise stärker berücksichtigt werden können.

 

Praxishinweis:
Der Ermessensspielraum birgt auch eine Chance für den anwaltlichen Vertreter. Er kann schon im Vorfeld der gerichtlichen Verfahrenswertbestimmung auf Besonderheiten hinweisen, wenn eine Ermessensausübung durch das Gericht in Betracht kommt. Nutzen Sie diese Möglichkeit, indem Sie von der Aufnahme des Mandats bis zur Festsetzung des Verfahrenswerts zu den konkreten Umständen des Einzelfalls vortragen!

 

Ehesachen und Lebenspartnerschaftssachen

Die Regelung zum Verfahrenswert in § 43 FamGKG entspricht der bisherigen Bestimmung in § 48 Abs. 2 und 3 Sätze 1 und 2 GKG. Zugleich gilt über § 5 Nr. 1 FamGKG der neue § 43 FamGKG auch für Verfahren, die die Aufhebung der Lebenspartnerschaft aufgrund des Lebenspartnerschaftsgesetzes gemäß § 269 Abs. 1 Nr. 1 FamFG zum Gegenstand haben. Für die Berechnung des Verfahrenswerts kommt es gemäß § 34 FamGKG auf den Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung an.

Maßgebend für den Verfahrenswert sind die Einkommens– und Vermögensverhältnisse, die die Ehe bzw. die Lebenspartnerschaft zu Beginn des Verfahrens prägten.

Unterhaltspflichten werden bei der Streitwertberechnung einkommensmindernd berücksichtigt. Aber auch Verbindlichkeiten sind bei der Streitwertbestimmung nach § 43 Abs. 1 FamGKG zu berücksichtigen.

Wenn ein Vermögenswert in die Wertberechnung einfließen soll, ist von dessen Verkehrswert auszugehen. Maßgebend ist der Nettowert, d.h. bestehende Verbindlichkeiten sind abzuziehen. Weiterhin nimmt die Rechtsprechung einen Abzug von Freibeträgen vor, die ihren Ursprung im früheren Vermögenssteuergesetz hatten. Allerdings werden die Freibeträge in unterschiedlicher Höhe angesetzt. Sie variieren in der jüngsten Rechtsprechung zwischen 15.000 € und 60.000 € für jeden Ehegatten. Teilweise setzen die Gerichte darüber hinaus einen weiteren Freibetrag pro Kind an. Eine andere Auffassung geht schließlich dahin, bei der Berechnung des Streit– bzw. Verfahrenswerts der Ehesache im selbst genutzten Eigenheim als Vermögenswert die ersparte Kaltmiete für 3 Monate anzusetzen.

 

Unser Tipp:
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