Neues Umgangsrecht: Folgen auch für Vaterschaftsanfechtung?

Das Umgangsrecht wird derzeit reformiert – durch das Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters. Doch hat das neue Umgangsrecht auch Auswirkungen auf das Abstammungsrecht? Ein Urteil des OLG Nürnberg zur Vaterschaftsanfechtung beantwortet diese Frage.

Umgangsrecht und Abstammungsrecht

Im folgenden Fall wurde zwar nicht über den Umgang gestritten, sondern über die Möglichkeit zur Vaterschaftsanfechtung.

Dennoch steht momentan die Frage im Raum , ob die Reform des Umgangsrechts („Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters“) nicht auch Auswirkungen auf das Abstammungsrecht und damit auf die Regeln zur Vaterschaftsfeststellung hat.

Das OLG Nürnberg hat bereits vor Inkrafttreten des neuen Umgangsrechts eine klare Aussage dazu abgegeben.

 

Der Fall: Vaterschaftsanfechtung möglich?

In eine Familie mit zwei minderjährigen Kindern wurde ein drittes Kind geboren. In der Empfängniszeit hatte die Mutter eine außereheliche Beziehung mit dem Antragsteller. Die Ehegatten trennten sich jedoch nicht.

Der Antragsteller begehrt die Vaterschaftsfeststellung für das dritte Kind, hilfsweise die Einwilligung in die genetische Abstammungsuntersuchung.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das OLG weist beide Anträge zurück und spricht dem Antragsteller die Berechtigung zur Vaterschaftsanfechtung ab.

Als Vater des Kindes gilt der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratete Mann, § 1592 Nr. 1 BGB.

Diese rechtliche Vaterschaft kann zwar grundsätzlich derjenige anfechten, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

Sozial-familiäre Beziehung als Hindernis für die Vaterschaftsanfechtung

Die Anfechtungsberechtigung besteht aber unter der weiteren Voraussetzung, dass zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht, § 1600 Abs. 2 erste Alternative BGB.

Eine solche das Anfechtungsrecht ausschließende sozial-familiäre Beziehung besteht, wenn der rechtliche Vater für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt, § 1600 Abs. 4 Satz 1 erste Alternative BGB.

Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung wird u.a. vermutet, wenn der rechtliche Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, § 1600 Abs. 4 Satz 2 erste Alternative BGB.

Da der rechtliche Vater hier mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, ist der Antragsteller nicht zur Anfechtung berechtigt.

Auch den Antrag auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung weist das OLG zurück. Die maßgebliche Vorschrift des § 1598a Abs. 1 Satz 1 BGB sieht nicht vor, dass der mögliche biologische Vater einen solchen Antrag stellen darf.

Übereinstimmung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention

Ausführlich geht das OLG darauf ein, ob dieses Ergebnis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) standhält, und bejaht dies.

Zwar hat der EGMR in Bezug auf das Umgangsrecht die deutsche Rechtslage beanstandet. Dies hat dazu geführt, dass das deutsche Umgangsrecht insofern geändert wird.

Ausdrücklich hat der EGMR aber klargestellt, dass die geforderten Veränderungen des Umgangsrechts auf das Abstammungsrecht nicht zu übertragen sind.

Folgerungen aus der Entscheidung

Das Umgangsrecht wird derzeit einer Reform unterzogen, deren Ausmaß noch nicht absehbar ist. Das OLG stellt jedoch klar, dass sich daraus keine Veränderungen des Abstammungsrechts ableiten lassen.

 

Praxishinweis:
Auch weiterhin kommt der biologische Vater nicht zur rechtlichen Feststellung seiner Vaterschaft, wenn der rechtliche Vater mit dem Kind und dessen Mutter zusammenlebt.

 

OLG Nürnberg, Beschl. v. 06.11.2012 – 11 UF 1141/12, DRsp-Nr. 2012/21543

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Dr. Lambert Krause, Waldshut-Tiengen und Wurmlingen (Tuttlingen)