Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zweierlei Paar Schuhe. Wer seine Ansprüche durchsetzen möchte, muss diese zunächst einmal beweisen, was nicht immer ganz einfach ist.
Verteilung des Beweisrisikos im Unterhaltsrecht
Auch bei der Entscheidung über die Herabsetzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts gem. § 1578b BGB stellt sich die Frage, welcher Ehegatte zu welchen rechtlich relevanten Gesichtspunkten vortragen muss und letztlich das Beweisrisiko trägt. Mit dieser Frage verbunden ist ein erhebliches Regressrisiko für den Anwalt, kann ihm doch nach einem verlorenen Gerichtsverfahren leicht vorgeworfen werden, durch unzureichenden Vortrag der Darlegungs- und Beweislast seines Mandaten nicht gerecht geworden zu sein. Präzise Kenntnisse in diesem Bereich gehören daher zum unverzichtbaren Rüstzeug des Anwalts.
Wer muss die „ehebedingten Nachteile“ beweisen?
In seinem Urteil v. 24.03.2010 – XII ZR 175/08 hat der BGH für Rechtsklarheit gesorgt und richtungsweisend erläutert, welche Partei in welchem Umfang für das Vorliegen der sogenannten ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB darlegungs- und beweisbelastet ist.
Beweislast des Unterhaltspflichtigen
Demnach muss der Unterhaltspflichtige zunächst die Tatsachen darlegen und beweisen, die für eine Befristung des Unterhalts sprechen. Das heißt, er muss beweisen, dass dem geschiedenen Ehepartner keine ehebedingten Nachteile gem. § 1578b BGB entstanden sind – oder anders: die Ehe den Unterhaltsberechtigten nicht in seinen Möglichkeiten beschränkt hat, nach der Scheidung selbst für den eigenen Unterhalt zu sorgen.
Diese dem Unterhaltspflichtigen obliegende Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen.
Denn den Unterhaltsberechtigten trifft eine sekundäre Darlegungslast: Er – oder sie – muss darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile ihm entstanden sind, denn nur konkrete Darlegungen kann der Gegner seinerseits widerlegen. Ehebedingte Nachteile können sich beispielsweise ergeben:
- aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
- aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe
- sowie aus der Dauer der Ehe (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).
Beispiel Berufsausbildung nicht abgeschlossen
Hat die unterhaltsberechtigte geschiedene vor der Ehe keine Berufsausbildung abgeschlossen, sind unqualifizierte Erwerbstätigkeiten grundsätzlich zumutbar. Die muss daher darlegen, dass sie ohne die Eheschließung und Kindererziehung eine konkrete Berufsausbildung aufgenommen und abgeschlossen hätte, die ihr ein höheres Einkommen ermöglicht hätte, als sie es jetzt tatsächlich erzielen kann.
Nachteile müssen ehebedingt sein
Im vorliegend vom BGH entschiedenen Fall hatte die Unterhaltsberechtigte nur auf ihr Alter von 22 Jahren bei der Eheschließung und die Geburt des ersten Kindes zwei Jahre danach hingewiesen. Dies reicht nach den oben dargestellten Grundsätzen als konkrete Darlegung ehebedingter Nachteile nicht aus. Dass die Frau zwei nach der Eheschließung aufgenommene Ausbildungen abgebrochen hatte, beruhte auf gesundheitlichen Gründen sowie Prüfungsangst und war somit kein „durch die Ehe“ bedingter Nachteil.
Ehebedingte Nachteile bei fehlender Ausbildung
Zu ihren Verdienstmöglichkeiten ohne Berufsabschluss hätte die Unterhaltsberechtigte konkret vorbringen müssen, dass sie durch eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit auch ohne Berufsausbildung ein höheres Einkommen hätte erzielen können, als sie es heute erzielen kann. Bei einer fehlenden Berufsausbildung kann jedenfalls ohne konkrete Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, dass die Unterhaltsberechtigte über längere Zeit eine kontinuierliche Beschäftigung bei einer bestimmten Arbeitsstelle überhaupt hätte ausüben können.
Fazit
In der anwaltlichen Beratung des Unterhaltsberechtigten und vor allem auch im prozessualen Sachvortrag muss stets ein konkret eingetretener ehebedingter Nachteil substantiiert dargetan werden.