Ausgleich von in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten

Auszugleichen sind im Versorgungsausgleich auch solche Versorgungsanrechte, die mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach Beginn der Ehe erworben wurden. Dass der ausgleichspflichtige Ehegatte sein Versorgungsanrecht während der Ehe aus seinem Anfangsvermögen erworben hat, rechtfertigt für sich genommen nicht den Ausschluss des Versorgungsausgleichs.

Der Fall:
Die am 30.12.1997 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 07.07.2008 auf den Scheidungsantrag der Antragstellerin hin geschieden. Am Tag vor der Eheschließung veräußerte der Antragsgegner das Betriebsgrundstück seiner Gaststätte für ca. 150.000 DM und ein Jahr später ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus für 370.000 DM. Außerdem ist er Eigentümer eines Grundstücks mit einem von ihm bewohnten Haus. Die Antragstellerin veräußerte aus ihrem Vermögen ein Einfamilienhaus für 120.000 DM und ist außerdem Eigentümerin eines für 58.000 € erworbenen Hauses in Schweden.

Ehevertrag
In einem Ehevertrag vom 17.01.2001 schlossen die Parteien den Zugewinnausgleich aus und versprach der Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von 100.000 DM für den Fall, dass die Ehe auf andere Weise als durch Tod beendet würde. Regelungen zum Versorgungsausgleich oder Unterhalt trafen die Parteien nicht.

Während der Ehezeit erwarben beide Parteien Rentenanwartschaften. Der Antragsgegner begründete außerdem durch Kapitaleinzahlungen drei Anrechte von insgesamt 808,44 € bei Lebensversicherungsunternehmen mit „dynamischen Rentenwerten“.

Auffassung des Antragsgegners
Gegen den Versorgungsausgleich hat der Antragsgegner geltend gemacht, dass er bereits vermögend in die Ehe gegangen sei. Das von ihm in die Lebensversicherungen eingezahlte Kapital stamme ausschließlich aus der Veräußerung seiner Grundstücke und Erlöse anderer von ihm vor der Ehezeit angesparter Lebensversicherungen. Durch die Berücksichtigung der Rentenlebensversicherungen im Versorgungsausgleich würden diese doppelt verwertet, weil diesbezüglich der Ehevertrag geschlossen worden sei.

Wesentliche Entscheidungsgründe
Auf der Grundlage des nach § 48 Abs. 1 VersAusglG noch anzuwendenden alten Rechts weist der BGH darauf hin, dass § 1587 Abs. 1 BGB a.F. alle während der Ehezeit mithilfe des Vermögens oder der Arbeit der Ehegatten begründeten Anwartschaften erfasst, ohne nach der Herkunft des Vermögens oder dem Zeitpunkt seines Erwerbs zu unterscheiden. Daher kommt es im konkreten Fall nicht darauf an, dass das in die Lebensversicherungen eingezahlte Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen stammt.

Nach § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ist nur erforderlich, dass das von einem Ehegatten zur Beitragszahlung verwendete Geld zu seinem Vermögen gehört, während es auf die Herkunft des Geldes nicht ankommt. Insbesondere wird nicht danach gefragt, ob es sich um Vermögen handelt, das der Ehegatte vor oder während der Ehezeit erworben hat (so schon BGH, Beschl. v. 29.02.1984 – IVb ZB 887/81). Auszugleichen sind im Versorgungsausgleich daher auch Versorgungsanrechte, die – wie hier – mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach Beginn der Ehe erworben worden sind (OLG Nürnberg, Beschl. vom 06.10.2004 –7 UF 2528/04).

Anwendung von § 3 Abs. 2 VersAusglG
Diese zu § 1587 BGB a.F. ergangene Entscheidung gilt auch für die Anwendung von § 3 Abs. 2 VersAusglG, wonach in den Versorgungsausgleich alle Anrechte einzubeziehen sind, die „in der Ehezeit“ erworben wurden. Durch Vermögen geschaffene oder aufrechterhaltene Anrechte i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG sind also auch dann ausgleichsfähig, wenn das Vermögen bereits vor der Ehezeit erworben wurde (sofern auch die Voraussetzungen in § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VersAusglG erfüllt sind).

 

Praxishinweis
In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung zur Frage hinzuweisen, ob Anrechte ausgeglichen werden können, die durch die Verwendung von Mitteln aus „geschenktem“ Vermögen oder vorzeitigem Zugewinnausgleich begründet wurden.

  • Auch Versorgungsanrechte, die durch unentgeltliche Zuwendungen Dritter finanziert wurden, unterliegen dem Versorgungsausgleich grundsätzlich. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Zuwendungen wirtschaftlich einer Direktleistung von Beiträgen an den Versicherungsträger gleichstehen (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.1986 – IVb ZB 133/85).
  • Durch die Verwendung von Mitteln aus vorzeitigem Zugewinnausgleich begründete Anrechte sind nicht ausgleichsfähig (BGH, Beschl. v. 11.03.1992 – XII ZB 172/90). Dieses Ergebnis folgt nach Ansicht des BGH nicht aus § 242 BGB, sondern aus § 1587 Abs. 3 BGB (jetzt § 2 Abs. 4 VersAusglG). Das Ziel, Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich voneinander abzugrenzen, werde nur erreicht, wenn der Grundsatz gelte, dass ein Vermögenswert, über den der Zugewinnausgleich stattfindet, nicht mehr Gegenstand des Versorgungsausgleichs sein kann, auch dann nicht, wenn er in an sich ausgleichsfähigen Versorgungsanrechten angelegt wurde.

Diese Rechtsprechung ist auch bei der Anwendung neuen Rechts zu berücksichtigen. Noch nicht entschieden ist die Frage, ob auch in der Ehezeit entstandene „Wertzuwächse“ aus bereits vor der Ehezeit durch Vermögen begründeten Anrechten ausgleichsfähig sind.

 

BGH, Beschl. v. 30.03.2011 – XII ZB 54/09

Direktor der LVA Oberbayern a.D. Dr. Ludwig Bergner, München

Ein Kommentar zu “Ausgleich von in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten

  1. Ich benötige dringendst Hilfe.
    mein Exmann hat durch falsche
    Angaben bewirkt, dass der Versorgungsausgleich zu seinen Gunsten geht. Obwohl ich als Rentnerin knappe 1.000,– und er als Millionär von mir noch 122,– mtl. erhalten soll.
    Bitte helfen Sie mir, indem Sie mir schnellstmöglichst einen
    guten Anwalt Bereich Reutlingen-Tübingen-Esslingen benennen können.
    Daher schnellstmöglichst, da der Endbeschluss des Gerichtes Anfang Dezember abläuft.
    Vielen, vielen Dank.
    Gruss R K

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