Ärger um Riestervertrag beim Versorgungsausgleich

Die Ehefrau hatte im folgenden Fall einen Riestervertrag während der Ehe gekündigt und das angesparte Vermögen direkt auf einen neuen Riestervertrag übertragen. Nun war strittig, ob das vorehelich mit dem alten Riestervertrag angesparte Kapital im Versorgungsausgleich wegen der Umschichtung zu berücksichtigen war.

Übertragung von Riester-Vermögen und Ehezeitanteil

Wie Sie wissen, ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist.

 

Dabei unterscheidet das Gesetz nicht nach der Herkunft des Vermögens oder nach dem Zeitpunkt seines Erwerbs. Im Versorgungsausgleich sind daher auch die Versorgungsanrechte auszugleichen, die mit einem Vermögen erworben wurden, das bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhanden war.

Soweit der Grundsatz. Im vorliegenden Fall zum Versorgungsausgleich griff nun allerdings eine Ausnahmeregel.

Der Sachverhalt: Die Ehefrau hatte bei der Union Investment Service Bank ein ehezeitliches Vertragsvermögen von 1.955,79 € aus einem zertifizierten Altersvorsorgeprodukt (sogenannten Riester-Vertrag) mit der Depotnummer X.

Dieses Depot kündigte die Antragstellerin zum 29.04.2014, um das dort gebildete Altersvorsorgevermögen von insgesamt (vorehelich und ehelich erworbenen) 6.202,10 € auf einen anderen auf ihren Namen lautenden Altersvorsorgevertrag bei der Union Investment Service Bank zu übertragen, nämlich auf den mit der Depotnummer Y. Da dieser Vertrag erst während der Ehe begründet wurde, wies er zum Ehezeitbeginn kein Vertragsvermögen auf, zum Ehezeitende dagegen eines von insgesamt 6.872,67 €.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich hinsichtlich der Anrechte der Antragstellerin bei der Union Investment Service Bank, basierend auf einem auszugleichenden Kapitalwert von 977,90 € (also die Hälfte von 1.955,79 €) , wegen Geringfügigkeit nach § 18 VersAusglG ausgeschlossen. Diese Entscheidung stand nun vor dem OLG Stuttgart auf dem Prüfstand.

OLG Stuttgart: Fortsetzung der Altersvorsorge trotz (formaler) Vertragsänderung

Das OLG weist die Beschwerde zurück, weil das Amtsgericht im Ergebnis den Ausschluss wegen Geringfügigkeit zu Recht angeordnet hat.

Die Versorgungsanwartschaft der Antragstellerin aus dem zertifizierten Altersvorsorgevertrag bei der Union Investment Service Bank ist zwar im Umfang von 977,90 € (Ausgleich aus dem Altvertrag) zuzüglich der Hälfte von 670,57 € (Wertzuwachs des Neuvertrages in der Ehezeit), insgesamt somit in Höhe von 1.313,18 € auszugleichen. Damit ist die Wertgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.318 € für das Jahr des Ehezeitendes 2014 aber nicht überschritten.

Zwar kommt es – wie bereits eingangs erwähnt – nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG i.d.R. nicht darauf an, dass das auf den neuen Vertrag übertragene Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen der Antragstellerin stammt. Auszugleichen sind im Versorgungsausgleich daher auch Versorgungsanrechte, die – wie hier – mit einem zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits vorhandenen Vermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung erworben wurden.

Seine Rechtfertigung findet dieser Grundsatz darin, dass ein vorhandener Geldbetrag mit der Einzahlung in eine Rentenversicherung seine güterrechtliche Zugehörigkeit zum Vermögen verliert, stattdessen den Charakter einer Altersversorgung erlangt und nicht mehr dem Ausgleichssystem des Zugewinnausgleichs, sondern fortan dem des Versorgungsausgleichs unterfällt.

Sowohl der Altvertrag X als auch der Neuvertrag Y dient aber ausschließlich der Altersvorsorge und unterfällt als zertifizierter Altersvorsorgevertrag dem Versorgungsausgleich. Vorliegend hatte die Antragstellerin vor der Ehe den zertifizierten Altersvorsorgevertrag X, der ihrer eigenen Altersversorgung dienen sollte und an dem der Antragsgegner im Fall einer Scheidung in Höhe des Bestandes bei der Eheschließung auch nicht partizipieren sollte.

Während der Ehe setzte die Antragstellerin die gewählte Form der Ansparung fort und nahm lediglich eine Umschichtung in den Vertrag Y vor, ohne dass sich dadurch zwischen den Ehegatten mit Ausnahme der formalen Vertragsänderung berücksichtigungswürdige Anpassungserfordernisse erkennen lassen. Somit darf das bei der Eheschließung vorhandene, lediglich umgeschichtete Kapital nicht als ausgleichspflichtiger Ehezeitanteil erfasst werden.

Folgerungen aus der Entscheidung

Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, ohne dass das Gesetz nach der Herkunft des Vermögens oder dem Zeitpunkt seines Erwerbes unterscheidet. Zu beachten ist dabei, dass der Versorgungsausgleich einen privilegierten Erwerb nicht kennt. § 1374 Abs. 2 BGB gilt nur für den Zugewinnausgleich und ist im Versorgungsausgleich nicht – auch nicht analog – anwendbar.

Erfasst werden aber nur die während der Ehezeit erworbenen Anrechte, vgl. § 3 Abs. 1 und 2 VersAusglG. Bringt ein Ehegatte Anrechte i.S.d. § 2 VersAusglG in die Ehe ein, darf der bei der Eheschließung vorhandene Wert dieser Anrechte nicht erfasst werden. Lediglich der während der Ehe eingetretene Wertzuwachs stellt dann einen ausgleichspflichtigen Ehezeitanteil gem. § 3 Abs. 1 und 2 VersAusglG dar.

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn dieses Altersvorsorgekapital im Verlauf der Ehe in anderes Altersvorsorgekapital umgeschichtet wird. Wichtig ist dabei, dass sein Charakter als Altersvorsorgekapital durchgängig beibehalten bleibt.

Der Riester-Vertrag X konnte hier im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b) AltZertG wirksam gekündigt werden, weil das angesparte Kapital auf einen anderen Altersvorsorgevertrag (Y) übertragen wurde. Somit ist das Vermögen stets Altersvorsorgekapital geblieben.

Würde der Altersvorsorgevertrag hingegen gekündigt und (frei) ausgezahlt, würde nunmehr ein dem Endvermögen im Zugewinnausgleich i.d.R. zuzurechnender Vermögenswert geschaffen. (Dann wäre aber der bei der Eheschließung vorhandene Wert eigentlich dem Anfangsvermögen zuzurechnen.)

 

Praxishinweis:

Altersversorgungsanrechte, die aufgelöst sind, können nicht mehr im Versorgungsausgleich ausgeglichen werden. Da der Vertrag X zum Zeitpunkt des Ehezeitendes am 30.09.2014 bereits gekündigt war, konnte ein entsprechender Ausgleich dieses Vertrags nicht mehr erfolgen.

Geachtet werden sollte darauf, woher vermeintlich dem Versorgungsausgleich unterfallendes Altersvorsorgevermögen stammt. Denn in einigen Fällen kann die Herkunft der Mittel dazu führen, dass das damit gebildete Altersvorsorgevermögen nicht dem Versorgungsausgleich unterfällt.

 

OLG Stuttgart, Beschl. v. 05.06.2015 – 11 UF 56/15

Leitsatz: Schließt ein Ehegatte während der Ehe unter Übertragung des Kapitals aus einem vorehelich angesparten einen neuen Riester-Vertrag, bleibt der vorehelich angesparte Betrag des Altvertrages im Versorgungsausgleich unberücksichtigt.
 

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