Barunterhalt des Kindes beim Wechselmodell durch beide Elternteile und Einbeziehung der Mehrkosten

Diese aktuelle Entscheidung des BGH beantwortet eine Reihe von Fragen zum Wechselmodell, die in der Literatur diskutiert worden sind, und schafft die in der Praxis erforderliche Klarheit.

BGH, Beschl. v. 11.01.2017 – XII ZB 565/15

Im Fall des Wechselmodells haben i.d.R. beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach den beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten.

Sachverhalt: Der Antragsgegner ist der Vater der im April 2001 und im Februar 2007 geborenen Antragsteller, die rückständigen und laufenden Kindesunterhalt geltend machen. Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, die in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt hatten, vereinbarten nach ihrer Trennung die Betreuung der Kinder im paritätischen Wechselmodell.

 

Unterhaltsbedarf bemisst sich nach den beiderseitigen Einkommen der Eltern

Der Antragsgegner ist nicht schon wegen der von ihm geleisteten hälftigen Kinderbetreuung nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB vom Barunterhalt befreit. Die Annahme, dass der Kindesunterhalt beim Wechselmodell stets durch den von beiden Eltern geleisteten Naturalunterhalt gedeckt wäre, betrifft nicht die Bemessung, sondern vielmehr die Erfüllung des Unterhaltsanspruchs.

Die gesondert zu beantwortende Frage der Erfüllung setzt neben der Bedarfsermittlung insbesondere eine vorherige Festlegung der von den Eltern geschuldeten Unterhaltsanteile gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB voraus.

Der Unterhaltsbedarf bemisst sich beim Wechselmodell nach den beiderseitigen Einkommen der Eltern unter Vorwegabzug der angemessenen Selbstbehalte und umfasst neben dem sich daraus ergebenden Bedarf (Regelbedarf) insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells. Der Bedarf lässt sich nicht in zwei gesondert zu ermittelnde Beträge aufspalten, die für jeden Elternteil nach dessen jeweiliger alleiniger Unterhaltspflicht zu berechnen wären.

Diese Unterhaltsberechnung führt nicht zu einem – vom Unterhalt verschiedenen – Ausgleichsanspruch der am vorliegenden Verfahren nicht beteiligten Mutter gegen den Antragsgegner. Dass der Anspruch nicht auf den vollen und nicht durch eigene bezifferte Leistungen des Antragsgegners gedeckten Unterhalt, sondern nur auf die hälftige Differenz der von den Eltern nicht gedeckten Anteile gerichtet ist, stellt sich als Begrenzung des Anspruchs dar und erklärt sich aus der Annahme, dass jeder Elternteil neben den bezifferten Leistungen vor allem durch Naturalunterhalt auch die Hälfte des weiteren Bedarfs abdeckt.

Der Anspruch dient dann vor allem noch dem Zweck, eine angemessene, an der jeweiligen Leistungsfähigkeit orientierte Beteiligung der Eltern am Kindesunterhalt zu erzielen, und richtet sich auf die durch die Leistungen des besser verdienenden Elternteils noch nicht gedeckte Unterhaltsspitze.

Auch beim Wechselmodell ist § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB anzuwenden

Auch im Fall des Wechselmodells ist § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB anzuwenden, sodass die Hälfte des Kindergeldes gem. § 1612b Abs. 1 Satz 2 BGB den Barbedarf mindert. Der Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten Kindergeldes ist ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs, der i.d.R. gem. § 1612b BGB durch eine Anrechnung des hälftigen Kindergeldes auf den Barbedarf des minderjährigen Kindes erfüllt wird, die den das Kindergeld nicht beziehenden Elternteil entlastet.

Der in § 1612b BGB vorgesehene Mechanismus führt indessen beim Wechselmodell nicht zum vollständigen Ausgleich des Kindergeldes. Zwar wird die auf den sächlichen (Bar‑)Bedarf des Kindes entfallende Kindergeldhälfte regulär auf den Barbedarf angerechnet und kommt damit den Eltern im Ergebnis entsprechend ihren Beteiligungsquoten zugute. Die auf die Betreuung entfallende Kindergeldhälfte verbleibt hingegen zunächst bei dem das Kindergeld beziehenden Elternteil und ist wegen der gleichwertigen Betreuungsleistungen der Eltern gesondert auszugleichen. Dies kann zur Vereinfachung auch in Form der Verrechnung der beiderseitigen Leistungen verwirklicht werden, damit ein Elternteil nur noch die nach Abzug der Hälfte des auf die Betreuung entfallenden Kindergeldanteils verbleibende Unterhaltsspitze zu zahlen hat.

Angefochtener Beschluss hatte keinen Bestand

Der angefochtene Beschluss hat im Ergebnis keinen Bestand, weil die Ermittlung des Wohnbedarfs der Kinder und die Anrechnung entsprechender Naturalleistungen fehlerhaft sind.

Folgerungen aus der Entscheidung: Diese Entscheidung des BGH beantwortet eine Reihe von Fragen zum Wechselmodell, die in der Literatur diskutiert worden sind, und schafft die in der Praxis erforderliche Klarheit.

Praxishinweis: Der BGH weist darauf hin, dass die Kosten für Tanzkurse und Musikschulen kein Mehrbedarf, sondern durch den Regelbedarf teilweise abgedeckt und nur mit dem übersteigenden Betrag zu berücksichtigen sind. Die Kindergarten- und Hortkosten sind ebenso wie die Fahrtkosten für den Schul- und Kindergartentransfer der Kinder als deren Mehrbedarf zu berücksichtigen. Mit dem Mehrbedarf korrespondierende Leistungen des anderen Elternteils sind zu berücksichtigen und konkret darzulegen.

 

4 Kommentare zu “Barunterhalt des Kindes beim Wechselmodell durch beide Elternteile und Einbeziehung der Mehrkosten

  1. Muss beim Unterhalt die Zeit berücksichtigt werden was mein Kind bei mir ist.Habe mein Kind von Freitag bis Dienstag früh.aller 14 Tage.das würde per Gericht geregelt sowie jeder Feiertag usw.weil beim ich wurde ich damals dazu befragt

  2. Hallo.
    Meine Tochter Sabrina lebt seit nunmehr 2 Jahren in Berlin bei ihrer Mutter . Das Kind wurde regelrecht dahin entführt ,bedroht und genötigt . Weder das Jugendamt, noch die Anwälte oder Gerichte ,geschweige denn das Kind oder der Vater wurden von der Umsiedlung Karlsruhe nach Berlin unterrichtet ! Bis zum heutigen Zeitpunkt weis ich nicht wo meine Tochter in Berlin wohnt ! Familienrecht ;-))))))) hahahah ist Kasperletheater auf kosten der Kinder und der Väter !
    Ich habe mir als Vater nichts zu schulden kommen lasse .

    MfG. R. R.

  3. Deutschland ist ein Land beherrscht und gesteuert durch Geiz und Gier. Für die Kinder bleibt nichts übrig.

  4. Hallo, ich finde es erschreckend wenn man soetwas schreibt. Hoffe das nicht alle Eltern so sind und beide Elternteile sich im klaren waren das Kinder Geld kosten und sie sich vorher überlegt haben wie sie dieses Finanzieren können und selbst wenn die Beziehung in die Brüche geht, das beide Eltern fürs Kind oder die Kinder sich die Zeit nehmen und sich weiterhin um ihre Kinder kümmern und gute Eltern sind und nicht ein Elternteil den anderen abzockt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert