Neue Serie: Besser abrechnen in Familiensachen

Das neue Vergütungsrecht gilt seit dem 01.08.2013. Die folgende Serie hilft Ihnen, den Honorarumfang Ihrer familienrechtlichen Mandate unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage besser zu kalkulieren und letztendlich mehr Geld zu verdienen.

Höherer Verfahrenswert, höhere Gebühren

Hohe Gegenstandswerte sorgen für höhere Gebühren. Das ist zwar eine Binsenweisheit – doch wird sie auch beachtet? Viele Ihrer Kollegen geben sich häufig mit niedrigen Verfahrenswerten zufrieden.

Und vielleicht machen auch Sie sich nicht immer Gedanken darüber, ob Kriterien erfüllt sein könnten, nach denen Sie einen höheren Verfahrenswert ansetzen können, als zunächst angenommen.
 

Das Problem: Damit verschenken Sie bares Geld!

Um Missverständnissen vorzubeugen: Hier wird keine Gebührenschinderei durch „Hochschrauben“ der Verfahrenswerte propagiert. Das wäre unredlich und ist unzulässig. Aber es ist legitim, dass Sie Ihre eigenen Interessen im Auge behalten und nicht aus Unkenntnis auf Honorar verzichten.

Beispiel:

Sie diktieren einen unkomplizierten Scheidungsantrag. Da Ihr Mandant 2.500 € verdient und die Gegnerin 1.200 €, geben Sie den vorläufigen Verfahrenswert mit 3.700 € (2.500 € + 1.200 €) x 3 = 11.100 € an.

Die Parteien haben ein gemeinsames, hoch belastetes Haus, in dem derzeit die Ehefrau wohnt. Was sie damit machen sollen, ist ihnen noch unklar; die Regelung dieses Komplexes wollen sie deshalb zurückstellen.

Irgendwann terminiert das Gericht, spricht die Scheidung aus und regelt den Versorgungsausgleich. Abschließend sagt der Richter: „Jetzt setzen wir noch den Verfahrenswert fest.“ Er fragt die Parteien, ob die damaligen Angaben zum Einkommen stimmen, was sie bestätigen. Der Richter nimmt den vorläufigen Verfahrenswert als endgültigen und setzt weiter 1.000 € wegen des Versorgungsausgleichs fest.

Anschließend rechnen Sie ab. Es ist keine Geschäftsgebühr angefallen. Außergerichtlich mussten Sie wegen Scheidung bzw. des Versorgungsausgleichs nichts regeln.

Abzurechnen ist:
 

Verfahrenswert: 12.100 €  
1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) 785,20 €
1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) 724,80 €
Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 €
Gesamt netto 1.530,00 €
19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 290,70 €
Gesamt brutto 1.820,70 €

 
Nun stellt sich die Frage, inwieweit das Haus den Verfahrenswert beeinflusst. Es ist Vermögen und kann ihn als solches erhöhen. Eine andere Auffassung geht davon aus: Der mietfrei im Haus lebende Ehegatte hat einen Wohnvorteil. Im Unterhaltsrecht ist dieser zu kapitalisieren und wird als Einkommen behandelt. Das kann beim Verfahrenswert ebenso erfolgen. Gehen wir von einem Wohnvorteil von 500 € pro Monat aus, so erhöht dies den Verfahrenswert um 1.500 € auf 13.600 €. Ihr Honorar beträgt dann:
 

Verfahrenswert: 13.600 €  
1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) 845,00 €
1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) 780,00 €
Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 €
Gesamt netto 1.645,00 €
19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 312,55 €
Gesamte brutto 1.957,55 €


Das sind 136,85 € mehr für denselben Fall.

Aber zwei Dinge sind zu beachten:

  • Sie als Rechtsanwalt müssen wissen, wodurch der Verfahrenswert beeinflusst wird.
  • Sie sollten zu dieser Frage bereits bei Einreichung des Scheidungsantrags Stellung nehmen. Im Termin machen Diskussionen zur Erhöhung des Verfahrenswerts einen schlechten Eindruck und sind auch tendenziell erfolglos.

Lesen Sie im nächsten Teil, welche Kriterien den Verfahrenswert in Ehesachen beeinflussen.

Lambert Krause, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht in Waldshut-Tiengen

Kommentare sind geschlossen.