Reformen im Familienrecht: Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nach dem FamFG

Mit Inkrafttreten des FamFG wurde auch eine eigenständige Regelung der staatlichen Kostenhilfe eingeführt.

Im Unterschied zur ZPO verwendet das FamFG in den neu geschaffenen §§ 76 – 79 FamFG nicht mehr den Begriff der Prozesskostenhilfe, sondern den etwas präziseren Begriff der Verfahrenskostenhilfe.

Was müssen Sie beim Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beachten?

Sonderfall Ehesachen und Familienstreitverfahren
Für Ehesachen und Familienstreitverfahren gelten gem. § 113 Abs. 1 FamFG weiterhin die Regelungen der §§ 114 ff. ZPO unmittelbar, jedoch mit der durch § 113 Abs. 5 FamFG vorgegebenen abweichenden Terminologie.

Verweis auf die ZPO
Soweit es sich nicht um Ehesachen oder Familienstreitverfahren handelt, gelten in familiengerichtlichen Verfahren die §§ 114–127 ZPO nur über die Verweisung des § 76 Abs. 1 FamFG und nur insoweit, wie §§ 77 und 78 FamFG keine abweichenden Regelungen enthält. Die Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beteiligten richtet sich daher auch weiterhin nach § 114 Satz 1 ZPO und die Beurteilung des Einsatzes von Einkommen und Vermögen nach § 115 ZPO. Die zum bisherigen Recht ergangene Rechtsprechung bleibt damit auch in Zukunft anwendbar.

Besonderheiten des FGG-Verfahrens
Abweichend von §§ 114 ff. ZPO sind gem. § 76 Abs. 1 FamFG allerdings die auf die Besonderheiten eines FGG-Verfahrens abgestimmten Vorschriften über das Bewilligungsverfahren (§ 77 FamFG) und über die Beiordnung von Rechtsanwälten (§ 78 FamFG) anzuwenden.

Wichtige Neuregelung des § 117 Abs. 2 ZPO
Anders als bisher kann das Gericht in allen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie den der ZPO unterliegenden Familienstreitverfahren Einkommensdaten des Beteiligten, der Verfahrenskostenhilfe beantragt, auch ohne dessen Zustimmung dem anderen Beteiligten zugänglich machen (§ 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F.). Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsgegner gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über die Einkünfte und das Vermögen des Antragstellers hat.

Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kann schriftlich bei dem Prozessgericht gestellt werden. Er kann aber auch vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für den Antrag besteht kein Anwaltszwang. Zuständig ist in Familiensachen das Familiengericht oder in zweiter Instanz der Familiensenat des Oberlandesgerichts.

Gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen.

Tipp für Praktiker
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  • Sofortige Beschwerde gegen VKH-Ablehungsbeschluss
  • Sofortige Beschwerde gegen VKH-Ratenzahlungsbeschluss
  • VKH-Liquidation gegenüber der Staatskasse
  • Kostenfestsetzungsantrag nach § 11 RVG
  • Vergütungsantrag für Verfahrenskostenhilfe
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Denken Sie an die Belege!
Diese müssen gleichzeitig mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag eingereicht werden. Sie können aber nachgereicht werden.

Zwei Möglichkeiten der Antragsstellung
Zum einen kann der eigentliche Verfahrensantrag mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden werden. In diesem Fall wird aufgrund des eigentlichen Antrags das Verfahren bereits mit dessen Eingang bei Gericht anhängig.

Zum anderen besteht die Möglichkeit, den eigentlichen Antrag nur dann zu stellen, nachdem hierfür Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde. Dies geschieht i.d.R. dadurch, dass dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe ein Entwurf des eigentlichen Antrags beigefügt wird.

Gelegenheit zur Stellungnahme
Im Interesse einer schnellen und flexiblen Verfahrensweise kann das Gericht den Beteiligten vor der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 FamFG Gelegenheit zur Stellungnahme geben. In Antragsverfahren, die mit einem zu begründenden Sachantrag eingeleitet werden, hat das Gericht weniger Ermessensspielraum. Soweit nicht besondere Gründe dagegen sprechen ist dem Antragsgegner gem. § 77 Abs. 1 Satz 2 regelmäßig Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Beiordnung eines Rechtsanwalts
In Verfahren mit Anwaltszwang bestimmt § 78 Abs. 1 FamFG die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Dagegen ist in Verfahren ohne Anwaltszwang gem. § 78 Abs. 2 FamFG die Beiordnung eines Anwalts in FGG-Verfahren nicht bereits deshalb geboten, weil ein anderer Beteiligter anwaltlich vertreten ist. FGG-Verfahren sind regelmäßig nicht streng kontradiktorisch geprägt, selbst wenn die Beteiligten entgegengesetzte Ziele verfolgen. Ob eine Beiordnung erforderlich ist beurteilt sich vielmehr nach der Schwierigkeit der Sach– und Rechtslage.

Neu ist der Umstand, dass sich künftig auch die Beteiligten in Unterhaltssachen stets durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, da es sich um eine Familienstreitsache gem. § 112 Nr. 1 FamFG handelt, für die § 114 Abs. 1 FamFG die anwaltliche Vertretung zwingend anordnet.

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