Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren – schon das Wort allein ist ein Ungetüm. Noch schlimmer sind allerdings die Fehlerquellen, die nicht im Wort, sondern im Verfahren selber stecken. Immerhin: Das OLG Zweibrücken gibt nun einige klare Hinweise, wie Sie das Fehler-Risiko und damit auch das Risiko der Anwaltshaftung senken können.
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03.12.2013 – 2 WF 122/13
Folgende Frage ist aus Ihrer Sicht als Anwalt von besonderer Bedeutung: Muss die erforderliche Korrespondenz im Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren über Sie laufen oder direkt zwischen dem Gericht und dem Mandanten?
Untrennbar mit dieser Frage verbunden sind nämlich die Konsequenzen für
- den Beginn einzuhaltender Fristen,
- aber auch für die Anwaltshaftung.
Das OLG Zweibrücken gibt dazu folgende Hinweise (Beschl. v. 03.12.2013 – 2 WF 122/13):
1.
Solange der Rechtsanwalt, der die bedürftige Partei im ursprünglichen Verfahrenskostenhilfeüberprüfungs- und Hauptsacheverfahren vertreten hatte, dem Gericht keinen Widerruf seiner Vollmacht angezeigt hat, sind Zustellungen auch im Verfahren über die Änderung/Aufhebung der Bewilligung an ihn vorzunehmen. Für die Berechnung der Frist für die Beschwerde gegen die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe bleibt diese Zustellung auch dann maßgebend, wenn im Folgenden ein Anwaltswechsel mitgeteilt und der Aufhebungsbeschluss erneut an den neuen Prozessbevollmächtigten zugestellt worden ist. |
Zustellung an den bisherigen Anwalt
Im vorliegenden Fall ist nach dem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens der Beschluss über die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe dem – bisher tätigen – Anwalt zugestellt worden.
Die Korrespondenz mit dem Mandanten hat sich offenbar als schwierig erwiesen. Der Anwalt hat deshalb erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist Beschwerde eingelegt.
Ein Widerruf der Vollmacht war dem Gericht nicht angezeigt worden.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das OLG verwirft die Beschwerde als unzulässig. Das Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren gehört zum ersten Rechtszug. Auch nach dem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens haben Zustellungen im Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 172 Abs. 1 ZPO daher an den Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen, wenn dieser die Partei (auch) im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat. Seine Vollmacht besteht im Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren so lange fort, bis dem Gericht ihr Widerruf angezeigt wird. Dies gilt auch für die Empfangszuständigkeit nach § 172 Abs. 1 ZPO.
Folgerungen aus der Entscheidung
Diese Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des BGH (zuletzt Beschl. v. 08.09.2011 – VII ZB 63/10, DRsp-Nr. 2011/17466). Nach dieser erstreckt sich die Vollmacht des im ursprünglichen Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren bestellten Verfahrensbevollmächtigten auch auf das Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren. Auch wenn sich dies nicht ausdrücklich aus der Vollmacht ergibt, ist von der Bestellung für das Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren auszugehen, wenn der (ursprüngliche) Antrag auf Verfahrenskostenhilfe nicht vom Antragsteller selbst, sondern von seinem Verfahrensbevollmächtigten gestellt wurde (OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.03.2012 – 9 WF 58/12, DRsp-Nr. 2013/12952 und v. 15.11.2013 – 9 WF 209/13).
Beginn einzuhaltender Fristen
Demzufolge beginnen alle Fristen mit der rechtswirksamen Zustellung an diesen Verfahrensbevollmächtigten zu laufen, auch wenn dieser gegenwärtig keinen Kontakt zu dem Mandanten hat.
Praxishinweis
Das seit dem 01.01.2014 neu gefasste Recht der Prozess- und Verfahrenskostenhilfe erlegt einer Partei, der Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, eine Reihe von Mitteilungspflichten auf, § 120a Abs. 2 ZPO neuer Fassung. Diese Mitteilungspflichten bestehen für die Dauer von vier Jahren nach der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens. Deren grob fahrlässige Nichterfüllung führt zur Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe, 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Die Pflicht zur unaufgeforderten Mitteilung beginnt bereits mit dem Zugang der Verfahrenskostenhilfebewilligungsentscheidung. |
Weiterer Aufsicht führender Richter am AG Dr. Wolfram Viefhues, Oberhausen