Die Kindergeldanrechnung über das Unterhaltsrecht

Da das Kindergeld nur an einen Elternteil ausgezahlt wird, bedarf es eines Kindergeldausgleichs unter den Eltern. Dieser Ausgleich vollzieht sich bei getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern aus Vereinfachungsgründen nach § 1612b BGB über das Unterhaltsrecht.

Kindergeldausgleich nach § 1612b BGB

Über § 1612b BGB vermindert sich die Unterhaltsschuld des Unterhaltspflichtigen um das anzurechnende Kindergeld. Dadurch wird bewirkt, dass auch dem Elternteil, der das Kindergeld nicht bezieht, der unterhaltsrechtlich berücksichtigte Anteil zugutekommt.

Die Regelung des § 1612b BGB hat durch die Unterhaltsreform zum 1.1.2008 grundlegende Änderungen erfahren. Erfahren Sie im Folgenden die wichtigsten Regeln für Unterhaltszeiträume ab dem 1.1.2008.

 

Regelungsinhalt des § 1612b BGB

Die ab 1.1.2008 geltende Neufassung des § 1612b BGB führt zu einer grundlegenden Änderung der Kindergeldanrechnung. Das Kindergeld wird bei minderjährigen Kindern zur Hälfte und bei volljährigen Kindern in voller Höhe als Einkommen des Kindes behandelt.

Während früher das anzurechnende Kindergeld mit dem Anspruch des Kindes verrechnet wurde, lässt das Kindergeld im Umfang seiner Anrechnung einen Unterhaltsanspruch des Kindes erst gar nicht entstehen. Nach der Neuregelung des § 1612b BGB hat das Kind einen Unterhaltsanspruch nur noch in der Höhe, wie er sich unter Berücksichtigung der bedarfsmindernden Wirkung des Kindergeldes ergibt.

Dies wird damit begründet, dass das Kindergeld zweckgebunden zur Deckung des Unterhalts des Kindes zu verwenden ist und daher dem Kind zugute kommt, entweder unmittelbar, indem das Kindergeld tatsächlich für seinen Unterhalt eingesetzt wird oder mittelbar, indem das Kind einen entsprechenden Anspruch gegen den Kindergeld beziehenden Elternteil hat. Das Kindergeld wird damit behandelt wie eine Ausbildungsvergütung oder wie sonstige Einkünfte des Kindes.

Das Kindergeld ist nach § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB nur zur Hälfte zu berücksichtigen, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes i.S.v. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB erfüllt. Dies ist nur bei minderjährigen Kindern der Fall.

Volljährige Kinder – auch soweit es sich um privilegierte Volljährige i.S.v. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB handelt – bedürfen im unterhaltsrechtlichen Sinn nicht der Betreuung, so dass ihr Unterhaltsanspruch auf Barunterhalt gerichtet ist und damit gem. § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB das Kindergeld auf den Bedarf des Volljährigen immer in voller Höhe anzurechnen ist.

Wie nach bisherigem Recht bleibt gem. § 1612b Abs. 2 BGB ein Zählkindvorteil unberücksichtigt. Es ist daher bei Vorhandensein eines Zählkindvorteils nicht von der tatsächlichen Kindergeldhöhe auszugehen, sondern von dem Kindergeldbetrag, der sich ergäbe, wenn keine weiteren nichtgemeinschaftlichen Kinder vorhanden wären.

Auswirkungen der Neuregelung der Kindergeldanrechnung

Diese völlige Neukonzeption der Kindergeldanrechnung hat weitreichende unterhaltsrechtliche Auswirkungen:

Es kommt nicht mehr darauf an, welcher Elternteil das Kindergeld bezieht. Der Barunterhaltsanspruch reduziert sich in jedem Fall um das gem. § 1612b Abs. 1 BGB anrechenbare Kindergeld. Wird das Kindergeld ausnahmsweise vom Barunterhaltspflichtigen bezogen, ändert dies daran nichts.

In diesem Fall besteht neben dem um das anrechenbare Kindergeld gekürzten Unterhaltsanspruch des Kindes auch ein Anspruch auf Auskehrung des angerechneten Kindergeldes gegen den das Kindergeld beziehenden Elternteil (vgl. Göppinger/Wax/Keske, Rdnr. 793).

Die zuvor schwierige Rechtslage bei Auslandsberührung wird wesentlich vereinfacht. Anders als nach bisherigem Recht, das eine Anrechnung des Kindergeldes nur zum Zweck des Kindergeldausgleichs kannte und deshalb die Anrechnung davon abhängig machte, dass beide Eltern Anspruch auf Kindergeld haben, es aber nur an den vorrangig berechtigten Elternteil ausgezahlt wird, tritt die bedarfsmindernde Wirkung des Kindergeldes nach neuem Recht unabhängig von der Kindergeldberechtigung des barunterhaltspflichtigen Elternteils ein.

Es muss daher für Unterhaltszeiträume ab 1.1.2008 nicht mehr geklärt werden, ob ein im Ausland lebender barunterhaltspflichtiger Elternteil überhaupt Kindergeldberechtigter wäre, sondern allein der Bezug des Kindergelds durch einen Elternteil reicht aus, um es bedarfsmindernd zu berücksichtigen (vgl. Göppinger/Wax/Keske, Rdnr. 785).

Da das Gesetz mit der Neufassung des § 1612b BGB Kindergeld wie Eigeneinkommen des Kindes behandelt, ist bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs des Ehegatten nicht mehr der Tabellenbetrag, sondern nur noch der Zahlbetrag in Vorwegabzug zu bringen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 963, 967).

Auch bei der Ermittlung der Haftungsanteile für den Volljährigenunterhalt ist nur der um das anrechenbare Kindergeld gekürzte Bedarf in die Haftungsverteilung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB einzubeziehen (Scholz/Gerhardt, § 4 Rdnr. 195).

Ein Mangelfall liegt zum Kindesunterhalt nicht mehr schon dann vor, wenn die Leistungsfähigkeit nicht zur vollen Deckung des Tabellenbetrags ausreicht, sondern erst dann, wenn der nach Anrechnung des Kindergeldes sich ergebende Zahlbetrag nicht in voller Höhe gezahlt werden kann.

Es ist daher auch nur der nach Abzug des Kindergeldes (und eventueller sonstiger Eigeneinkünfte des Kindes) verbleibende Bedarf bei einer Mangelfallberechnung in die Bedarfsmasse einzustellen und nicht mehr – wie bisher – die Bedarfsmasse hinsichtlich des Kindesunterhalts nach dem Unterhalt vor Anrechnung des Kindergeldes zu ermitteln (Schürmann, FamRZ 2008, 313, 324; Göppinger/Wax/Kodal, Rdnr. 1745).

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