Der Unterhaltsbedarf eines minderjährigen Kindes setzt sich aus dem Betreuungs- und dem Barunterhalt zusammen. Das Grundprinzip nach einer Trennung ist einfach: Der eine Elternteil betreut das Kind, der andere Teil bezahlt Unterhalt. Doch in der Praxis gibt es immer mehr komplizierte Ausnahmefälle, die wir in einer 4-teiligen Serie „Wechselmodell & Co. im Griff“ für Sie beleuchten.
Die Serie „Wechselmodell & Co. im Griff“ im Überblick:
|
Stichwort Betreuungsunterhalt
Der Betreuungsunterhalt wird durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. Voraussetzung ist, dass der sorge- oder obhutsberechtigte Elternteil die Betreuung weitgehend in eigener Person wahrnimmt (OLG Hamm, FamRZ 1991, 104, 105).
Diese Voraussetzung erfüllt auch der voll erwerbstätige Elternteil, der das Kind tagsüber in eine Einrichtung oder zu Verwandten gibt, und zwar auch dann, wenn er überobligationsmäßig arbeitet (BGH, FamRZ 1980, 994; BGH, FamRZ 1981, 543).
Stichwort Barunterhalt
Der Barunterhalt umfasst alle Aufwendungen, die das Kind zur Lebensführung benötigt (§ 1610 Abs. 2 BGB), insbesondere
- den allgemeinen Lebensbedarf, wozu z.B. die Kosten für Ernährung, Bekleidung, Körper- und Gesundheitspflege, Haushaltssachen, Unterkunft, Heizung, Beleuchtung, sportliche und musische sowie sonstige Freizeitinteressen, Schulbedarf, Urlaubs- und Taschengeld gehören,
- die Kosten für Krankheitsvorsorge, mithin die Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung, soweit das Kind nicht bei einem Elternteil mitversichert ist,
- die Kosten der Erziehung und einer angemessenen Ausbildung.
Der Barunterhalt ist nach § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB i.d.R. durch die Entrichtung einer Geldrente zu gewähren.
Nur wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann der Unterhaltspflichtige verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird.
So kann ein Kind verpflichtet sein, sich beitragsfrei in einer gesetzlichen Krankenversicherung mitversichern zu lassen (OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 396). Der Unterhalt ist daher i.d.R. auch als bezifferter Antrag geltend zu machen.
Die Dynamisierung des Unterhalts
Mit dem KindUG (BGBl I 1998, 666) wurde zum 1.7.1998 die Möglichkeit einer dynamisierten Titulierung von Unterhalt für minderjährige Kinder eingeführt.
Seitdem ermöglicht § 1612a BGB, den Unterhalt als Prozentsatz einer Bezugsgröße – seit dem 1.1.2008 ist dies der Mindestunterhalt nach der jeweiligen Altersstufe – geltend zu machen mit der Folge, dass eine automatische Anpassung des Titels erfolgt, sobald sich die Bezugsgröße ändert.
§ 1612a BGB gewährt keinen eigenständigen Anspruch auf Unterhalt, sondern ermöglicht lediglich, dass der nach den §§ 1601 ff. BGB geschuldete Unterhalt als Prozentsatz einer gesetzlich geregelten Bezugsgröße verlangt werden darf und so an der Anpassung der Bezugsgröße teilnimmt.
Es ist daher zunächst der Barbedarf i.d.R. nach der Düsseldorfer Tabelle zu berechnen. Dieser Barbedarf ist dann in einen prozentualen Bezug zur Bezugsgröße zu setzen.
Zur Vereinfachung enthält die Düsseldorfer Tabelle neben den konkreten Zahlbeträgen auch bereits den jeweiligen Prozentsatz des Mindestunterhalts.
Der Unterhalt nach einer höheren Altersstufe wird jeweils ab dem Beginn des Monats geschuldet, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet (§ 1612a Abs. 3 BGB), d.h. ab dem ersten des Monats, in dem das Kind sechs Jahre alt wird, wird der Unterhalt nach der zweiten Altersgruppe und ab dem Ersten des Monats, in dem das Kind zwölf Jahre alt wird, der Unterhalt nach der dritten Altersgruppe geschuldet.
Dynamisierung des Unterhalts auch im Mangelfall?
Auch im Mangelfall soll eine Dynamisierung möglich sein (OLG Hamm, FamRZ 2004, 1587; Wendl/Klinkhammer, § 2 Rdnr. 363 f.).
Zumindest nach dem am 1.1.2008 in Kraft getretenen UÄndG (BGBl I 2007, 3189) ist dies jedoch sehr zweifelhaft.
So wird eingewandt, dass mit dem durch das UÄndG bedingten Systemwechsel die Rechtfertigung für eine automatische Anpassung auch im Mangelfall entfallen sei (Vossenkämper, FamRZ 2008, 201, 208).
Eine prozentuale Festsetzung nach der jeweiligen Altersgruppe bereitet zudem aufgrund der Anrechnung des hälftigen Kindergeldes auf den Barbedarf (§ 1612b BGB) erhebliche Probleme.
Die Mangelfallquote und der danach berechnete Zahlbetrag werden nach Abzug des hälftigen Kindergeldanteils berechnet. Aufgrund der Dynamik des Mindestunterhalts kann deshalb der nach der Mangelfallquote berechnete Zahlbetrag nicht einfach in einen Prozentsatz des Mindestunterhalts umgerechnet werden.
Ein unter 100 % liegender Prozentsatz nach § 1612a BGB ist vielmehr so zu berechnen, dass der im Rahmen der Mangelfallberechnung errechnete Zahlbetrag um den hälftigen Kindergeldanteil zu erhöhen ist und dieser Betrag sodann in das prozentuale Verhältnis zum Mindestunterhalt zu setzen ist.
Der so errechnete Prozentsatz ist mit dem Zusatz „abzüglich des hälftigen Kindergeldanteils für ein erstes (oder zweites …) Kind“ geltend zu machen.
Dies hat aber zur Folge, dass sich je nach Altersgruppe unterschiedliche Prozentsätze ergeben. Auch dies spricht gegen einen dynamisierten Unterhaltstitel unter 100 % des Mindestunterhalts.
Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt
Aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB ergibt sich, dass Barunterhalt und Betreuungsunterhalt grundsätzlich gleichwertig sind (BVerfG, FamRZ 2003, 1821, 1823; BGH, FamRZ 1980, 994).
Dies hat zur Folge, dass der Elternteil, der die Betreuung und Erziehung des Kindes leistet, hiermit i.d.R. vollständig seinen Unterhaltsbeitrag leistet und die Deckung des Barbedarfs grundsätzlich allein dem nichtbetreuenden Elternteil obliegt.
Ausnahmen vom Prinzip der Gleichwertigkeit
In Ausnahmefällen muss auch der betreuende Elternteil sich an dem Barunterhalt beteiligen mit der Folge, dass er den Barunterhalt anteilig mit dem anderen Elternteil oder auch alleine zu tragen hat, nämlich dann, wenn
- der betreuende Elternteil ein wesentlich höheres Einkommen als der nichtbetreuende Elternteil erzielt (dazu später mehr in Teil 2 dieser Serie) oder
- der nichtbetreuende Elternteil nicht (voll) leistungsfähig ist (dazu später mehr in Teil 3 dieser Serie) oder
- die Eltern ein reines Wechselmodell praktizieren (mehr dazu später in Teil 4 dieser Serie) oder
- es sich um Sonderbedarf oder Mehrbedarf handelt (mehr dazu ebenfalls in Teil 4 dieser Serie) oder
- das Kind bei keinem Elternteil lebt (mehr dazu ebenfalls in Teil 4 dieser Serie).
Fortsetzung folgt: Lesen im nächsten Teil, was zu beachten ist, wenn der betreuende Elternteil ein wesentlich höheres Einkommen erzielt als der nicht betreuende.
ich hätte gerne die 4- teilige Serie Wechselmodell und co
mfg K. Dorfmüller
Sehr geehrte Frau Dorfmüller, vielen Dank für Ihr Interessse. Wir veröffentlichen die restlichen 3 Teile nach und nach hier auf Familienrecht.de. Sofern Sie bereits für unseren Newsletter angemeldet sind, erhalten Sie die anderen Teile automatisch in den nächsten Wochen. Hier können Sie sich kostenlos für unseren Newsletter anmelden. Mit freundlichen Grüßen, die Redaktion Familienrecht.de
Zitat: „Das Grundprinzip nach einer Trennung ist einfach: Der eine Elternteil betreut das Kind, der andere Teil bezahlt Unterhalt. Doch in der Praxis gibt es immer mehr komplizierte Ausnahmefälle“
Ja dieses Grundprinzip ist einfach und ebenso verfassungswidrig. Der „übliche Jurist“ setzt auf die Trennung der Eltern als Paar noch die Ausgrenzung eines Beteiligten aus den grundrechtlich geschützten Rechten und Pflichten als Elternteil obendrauf. Sollte das nicht eigentlich die Ausnahme sein?
Aber so dreist ausgrenzend maßt es sich die deutsche Familienjustiz denk- und arbeitsfaul das Vorgehen als allgemeingültige Regel an. Die verfassungsrechtliche Ausnahme wird zur Regel erklärt und damit das Kindeswohl zum Geschäft der Juristen. Praktizierende wie publizierende Juristen äffen das in ihrer Mehrheit einfach den Gerichten nach. Nur was sollen dann noch die Worthülsen „Mediation“, „Kindeswohl“, „gemeinsame Elternverantwortung“ und „notwendige Trennung der Paar- und Elternebene“?
Um dieses Geschäftsmodell zu verkleistern und optisch etwas aufzuhübschen?
Es wird von Juristen schlicht Ausgrenzung und Streit um die Kinder gefördert, daran erheblich verdient und dann den Betroffenen noch mit Belehrungen die Schuld an der Misere zugewiesen. Nicht selten auch auf strafbare Weise durch gerichtlich beförderten Kindesentzug.
SCHÄMT EUCH!
Womit?
Das weiß ich leider auch nicht.