Der gescheiterte Putsch in der Türkei beschäftigt auch deutsche Familiengerichte: Eine Mutter wollte mit ihrem Kind im türkischen Side Urlaub machen, doch der Vater hielt das für zu gefährlich. Letztlich musste das OLG Frankfurt über die Alleinentscheidungsbefugnis der Mutter nach § 1687 BGB entscheiden.
OLG Frankfurt a.M. 21.7.2016 5 UF 206/16
Bei gemeinsamer elterlicher Sorge unterfällt die Entscheidung, mit dem Kind eine Urlaubsreise in die Türkei durchzuführen, unter den gegenwärtigen dortigen Verhältnissen nicht der Alleinentscheidungsbefugnis des § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB.
Hält der andere Elternteil eine solche Urlaubsreise für zu gefährlich, kann dies unter den gegenwärtigen Umständen einer Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB auf den die Reise beabsichtigenden Elternteil entgegenstehen.
Kindesmutter will Zustimmung des Vaters zur Türkeireise ersetzen lassen
Der Sachverhalt: Die Kindesmutter beabsichtigt, vom 23.07.2016 bis 05.08.2016 mit ihrem 8jährigen Sohn eine Urlaubsreise in die Türkei durchzuführen. Die Kindesmutter hat diese Reise im Januar 2016 gebucht.
Die Kindeseltern sind geschieden und haben das gemeinsame Sorgerecht für das Kind. Im Mai 2016 hat sie den Kindesvater um Zustimmung zu der beabsichtigten Reise gebeten. Dieser hat die Zustimmung versagt und dies damit begründet, dass er eine Türkeireise vor dem Hintergrund der politischen Lage und einer eventuellen Terrorgefahr zu gefährlich für das Kind halte.
Die Kindesmutter hat beim Amtsgericht Offenbach ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Antrag eingeleitet, die Zustimmung des Kindesvaters zu der Reise zu ersetzen. Dem ist der Kindesvater entgegen getreten.
Das Amtsgericht Offenbach hat nach Durchführung eines Anhörungstermins mit Beschluss vom 14.07.2016 im Wege der einstweiligen Anordnung der Kindesmutter die Befugnis übertragen, über die Durchführung der Türkeireise mit dem 8jährigen Sohn alleine zu entscheiden (§ 1628 BGB).
Übertragung der Entscheidungsbefugnis nötig, da keine alltägliche Angelegenheit
Die geplante Urlaubsreise stelle angesichts der im Raume stehenden Möglichkeit von terroristischen Anschlägen keine alltägliche Angelegenheit, sondern eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung dar, weshalb es der Übertragung der Entscheidungsbefugnis bedürfe, um die Reise durchführen zu können.
Die Entscheidungsbefugnis sei der Mutter zu übertragen, da dies dem Wohl des Kindes am besten entspreche. Wie die Anhörung des Kindes gezeigt habe, freue sich K. auf den Urlaub, da er noch nie einen richtigen Badeurlaub gemacht habe. Er habe auch keine Angst vor der Urlaubsreise. Ohne die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf die Mutter sei davon auszugehen, dass keine Urlaubsreise durchgeführt werden könne oder die Mutter lediglich in ein Hotel umbuchen könne, dass deutlich weniger kindgerechte Angebote biete als die gebuchte Reise.
Im Übrigen sei der Vater auch nicht bereit gewesen, einen finanziellen Beitrag dazu zu leisten, dass K. in einer eventuell weniger gefährdeten Region mit gleichem Komfortstandard Urlaub machen könne. Zudem habe er sich bereits mit Freunden, die ebenfalls mit ihren Familien in der dortigen Region Urlaub machen, am Urlaubsort verabredet. Da nur eine entfernte Gefahr bestehe, würden die Nachteile, die eine Nichtdurchführung der Urlaubsreise für K. mit sich brächten, diejenigen überwiegen, die bei Durchführung der Reise drohen.
Beschwerde des Kindesvaters
Hiergegen wendet sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, dass sich durch die Ereignisse, die nach der Beschlussfassung in der Türkei stattgefunden haben, die Gefährdung für das Kind durch eine solche Urlaubsreise noch konkreter geworden sei.
Im Hinblick darauf, dass Gefahr für Leib und Leben des Kindes bestehe, sei es geboten, die Reise zu verwehren. Die Probleme, die eine Umbuchung mit sich bringen, seien nicht ihm anzulasten.
Die Mutter sei erst im Mai wegen der bereits von ihr im Januar gebuchten Reise an ihn herangetreten. Es fehle ihm auch nicht an der Bereitschaft, einen finanziellen Beitrag zu den mit einer Umbuchung verbundenen Mehrkosten zu leisten, ihm würden allerdings die finanziellen Mittel hierzu fehlen. Es sei nicht hinzunehmen, dass das Kind vorsätzlich einer solchen Gefahr ausgesetzt wird, zumal es auf dem Reisemarkt eine Vielzahl von Alternativen gebe.
Die Kindesmutter verteidigt den angefochtenen Beschluss. Es gebe keine Sicherheitswarnung des Auswärtigen Amtes hinsichtlich Reisen in die Ferienregion von Side. Daran habe sich auch durch den Putschversuch nichts geändert.
Die Reise bringe das Kind nicht in die gefährdeten Regionen. Die abstrakten Gefahren durch die geplante Reise seien nicht höher als bei anderen Reisezielen. Die Kindesmutter sei bei Buchung der Reise davon ausgegangen, dass es der Zustimmung des Kindesvaters nicht bedürfe.
Bei der dann im Mai nachgesuchten Zustimmung sei es nur darum gegangen, dass der Kindesvater einen Vordruck der Bundespolizei unterzeichnet, die dem Grenzschutz die Ausreisekontrolle erleichtere. Eine ausdrückliche Verweigerung der Zustimmung sei ihr erst am 27.06.2016 zugegangen.
OLG Frankfurt verneint Entscheidungsbefugnis
Auf die Beschwerde des Kindesvaters hat das OLG die Wirksamkeit des Beschlusses des AG hinsichtlich der Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf die Kindesmutter einstweilig ausgesetzt.
Es besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass auf die Beschwerde des Kindesvaters, die gem. § 57 S. 2 i.V.m. §§ 58 ff. FamFG zulässig ist, die angefochtene Entscheidung nach den gegenwärtigen Verhältnissen nicht aufrechtzuerhalten ist.
Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, dass eine Urlaubsreise in die Türkei unter den derzeitigen Umständen keine Angelegenheit des täglichen Lebens ist, über die trotz des bestehenden Mitsorgerechts die Kindesmutter als die Obhut ausübender Elternteil gem. § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB alleine entscheiden kann, sondern dass es der Zustimmung des mitsorgeberechtigten Kindesvaters bedarf.
Einer solchen Zustimmung zu Urlaubsreisen bedarf es zwar nicht generell. Hier liegen jedoch besondere, mit dem Reiseziel zusammenhängenden Risiken vor. Die Türkei war in letzter Zeit mehrfach Ziel terroristischer Anschläge. Auch die Region von Antalya/ Side war im Jahr 2015 bereits von solchen Anschlägen betroffen. Schon vor Monaten wurde in den Medien berichtet, dass es Drohungen extremistischer Gruppen mit Anschlägen in der Touristenregion gibt.
Urlaubsreisen in die Türkei nicht ausgeschlossen, aber Zustimmung beider Eltern erforderlich
Diese Gefahrenlage schließt zwar Urlaubsreisen in diese Region nicht aus, weshalb sich Eltern weiterhin dafür entscheiden können, mit ihren Kindern dort ihren Urlaub zu verbringen. Wenn die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, setzt dies aber voraus, dass die Entscheidung von beiden Eltern getragen wird.
Zutreffend hat das Familiengericht daher das Begehren der Kindesmutter als Antrag nach § 1628 BGB behandelt. Nach dieser Regelung kann das Gericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einer einzelnen Angelegenheit oder einer bestimmten Art von Angelegenheiten einem Elternteil übertragen, wenn sich Eltern nicht einigen.
Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel des Senats, ob die für die Entscheidung maßgeblichen Umstände nach ihrer Gewichtung die hier erfolgte Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis auf die Kindesmutter rechtfertigen. Weder kann der Wille des Kindes und dessen Freude auf den Urlaub den Ausschlag geben noch die eventuellen finanziellen Folgen eines Rücktritts von der Reise.
Maßgeblich ist zunächst, ob sich die Haltung der Eltern als Ausübung der Elternverantwortung darstellt. Dass es der Elternverantwortung entsprechen kann, von der Reise abzusehen, ist unabhängig von einer etwaigen Reisewarnung des Auswärtigen Amtes zu beurteilen, die sich nach ganz anderen Kriterien richtet und dabei auch volkswirtschaftliche und diplomatische Auswirkungen im Blick hat.
Konkrete Gefahr bei Türkeiurlaub vorhanden
Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in der Türkei kann die Haltung des Kindesvaters nicht als schikanöse Intervention abgetan werden. Auch wenn die Mutter die Sorge des Vaters nicht teilt und als sicher davon ausgeht, dass die Reise gefahrlos durchgeführt werden kann, bedeutet dies nicht, dass die Befürchtungen des Vaters von vornherein unbegründet sind.
Die Regierung der Türkei hat inzwischen den Ausnahmezustand ausgerufen. Es ist als Folge des Putschversuchs zu Massenverhaftungen sowie zu Regierungsentscheidungen gekommen, die für eine Vielzahl von Betroffenen in der Türkei von existenzieller Bedeutung sind.
Bei dieser Sachlage besteht eine konkrete Gefahr, dass es in der Türkei zu Unruhen kommen kann, die auch Auswirkungen auf die Urlaubsregionen haben können. Anders als das Familiengericht hält der Senat – vor allem auch wegen der aktuellen Ereignisse – die nachteiligen Folgen für das Kindeswohl, die ein Nichtantritt des Urlaubs mit sich bringt, für weniger gravierend als die möglichen Folgen, die eine Durchführung der Urlaubsreise nach Side haben kann.
Quelle: Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank
Zum Wohl des 8-jährigen Kindes wäre auch ein unbeschwerter Urlaub im Schwarzwald, an der Nordsee, in Spanien, in Italien usw. möglich gewesen. Als Vater von zwei Kindern wundere ich mich im Wesentlichen darüber, dass die KM nicht von selbst rechtzeitig auf die Idee gekommen ist und egoistisch ihren Willen haben wollte. Ergo. Recht so.
Diese Entscheidung ist für unsere Richter mal wieder typisch. Alles zum Wohl der „Mütter“ nicht der Kinder und vor allen Dingen der Väter. Wisst ihr „Mütter“ eigentlich, was ihr den Kindern antut? Die Väter können sich noch so anstrengen sie werden als Zahlmaschinen degradiert.Schämt euch mit samt den Richtern.
Vorwort
Wir flogen in diesem Jahr zum 3. Mal mit unserer Enkelin in die Emirate. Das erste mal interessierte es noch keinen, dass sie einen anderen Namen trug. Der Kinderreisepass reichte aus. Das 2. Mal wurde bei der Passkontrolle zur Sicherheitskontrolle nachgefragt, nachdem wir anboten sofort meine Tochter anzurufen und uns schnell noch per Mail eine Vollmacht schicken unterschreiben von Vater und Mutter schicken ließen, konnten wir noch in den Urlaub. Dieses Jahr hatten wir bereits vorab alles dabei , Vollmacht, Sorgerechtsvereinbarung der Eltern , Kopie der Geburtsurkunde usw. sonst wäre bereits beim einchecken Schluss gewesen, wie uns der Herr am Check in mitteilte , da er einen Nachweis, dass wie die Kleine mitnehmen dürfen , verlangte. Wir persönlich finden dies auch absolut korrekt, nachdem wir zuvor schon sehr oft die mangelnden Sicherheitsprüfungen in Bezug auf Kinder kritisierten.
Allerdings sollte man hierzu auch bereits die Reiseveranstalter bzw. Verkaufsbüros in die Pflicht nehmen , dass diese einen Nachweis dazu verlangen insbesondere bei offensichtlichen Auffälligkeiten wie unterschiedliche Nachnamen.
Kommentar zum Urteil:
Aus meiner Sicht hat das OLG in Betracht des Hintergrundes vollkommen richtig entschieden, hier handelt es sich nicht um eine gehässige Streiterei, wegen eine unnachvollziehbaren Kleinigkeit. Ich kann hier die Ängste des Vaters vollkommen nachvollziehen, denn aktuell würden wir auf keinen Fall in die Türkei reisen und schon gar nicht mit unseren Kindern oder unserer Enkelin. Die Mutter sollte natürlich trotz allen immer vor der Buchung die Zustimmung einholen, obwohl ich denke dass auch Ihrerseits kein böser Wille vorlag , sondern es eben in der Vergangenheit noch keinerlei Probleme gegeben hatte und die Situation in der Türkei zum Buchungszeitpunkt eine andere war.
Ganz unabhängig davon, hoffe ich dass die Eltern sich auch nach dieser Auseinandersetzung wieder zum Wohle Ihres Kindes verstehen und die Angelegenheit abhaken. Denn offensichtlich ist, dass hier alle Zwei nur das Beste für Ihr Kind wollten.
wie viel muss ich zahlen wenn meine Tochter in der Ausbildung ist und ich jetzt 400€ zahlen muss (sie bekommt in etwa 500€
Ich finde es grausam wenn Väter ihren Kindern den lang ersehnten Urlaub streitig machen. Solange das Auswärtige Amt keinen Reisestopp veranlasst, besteht überhaupt kein Grund der Mutter und dem Kind das streitig zu machen. Mal ehrlich,keine Mutter der Welt würde ihr Kind in Gefahr bringen und außerdem ,wie sich gezeigt hat, übertreiben die Medien.Sicher sollte man vorsichtig sein, aber hier ist wirklich die Bosheit des Vaters ersichtlich.Man sollte sich mal fragen ,warum haben sich denn die Eltern getrennt? Auch bin ich der Meinung ,das vorallem unverheiratete Mütter das alleinige Sorgerecht erhalten sollten bzw. bei Trennung das alleinige Sorgerecht zurück bekommen. Wir selbst erleben das im Moment, der Kindesvater unseres Enkels hat sich nie um das Kind gekümmert und jetzt spielt er den Papa, weil man ja den Hoferben erhalten muss! Er wird auch im Hindergrund tatkräftig unterstützt ,indem dem Kind eingeredet wird ,wenn seine Mama nicht mehr ist versorgt ihn Papa und wenn er nicht da ist übernimmt das seine Mutter. Wisst Ihr Alle was wir durch machen und was wir für eine Angst um unsere Tochter haben. Jedes Mal wenn er das Kind bringt schüchtert er sie aufs Neue ein.